Die Studentin Carolina* hat gegenüber watson in dem Format «Was ich wirklich denke» gesagt, dass sie für Leistungsnachweise Künstliche Intelligenz (KI) verwende. Sie habe beispielsweise eine Prüfung dank ChatGPT in Windeseile lösen können. Sie erklärt: «Grundsätzlich habe ich mich meiner Meinung nach an die Regeln gehalten. Wir durften Google benutzen. Ich war einfach so schlau, nach ChatGPT zu googeln.»
Carolina ist wahrscheinlich nicht die einzige Studentin, welche die KI zu ihrem Vorteil nutzt. Deshalb stehen die Universitäten nun vor verschiedenen Herausforderungen. watson hat darum verschiedene Schweizer Hochschulen kontaktiert und sie gefragt, wie sie mit der Verwendung von KI umgehen.
watson hat die Universität Luzern gefragt, ob die Studentinnen und Studenten schon ChatGPT nutzen würden. Dave Schläpfer, Mediensprecher an der Universität Luzern sagt: «Davon ist – nur schon aufgrund der breiten Bekanntwerdung des Themas – auszugehen. Und daran ist auch nichts auszusetzen, sofern dies im erlaubten und nicht in einem missbräuchlichen Rahmen passiert. So kann es sein, dass Dozierende ChatGPT in Lehrveranstaltungen bei ganz bestimmten Aufgaben und zu ganz bestimmten Verwendungszwecken zu einem erlaubten Hilfsmittel erklären.»
Stört es die Universität Luzern, dass gewisse Studierende einen grossen Teil ihrer Arbeit mit Chat GPT verfassen? Schläpfer entgegnet: «Ja, falls das so ist oder so wäre, würde dies, genau gleich wie bei Plagiaten, Ghostwriting und anderen Verstössen gegen die wissenschaftliche Redlichkeit, nicht toleriert und bei einer Aufdeckung entsprechend sanktioniert. Im extremsten Fall bis hin zum Studienausschluss und der nachträglichen Aberkennung von Titeln.»
«So oder so gehen wir davon aus, dass die überwältigende Mehrzahl unserer Studierenden ihre schriftlichen Arbeiten im eigenen Lerninteresse nach wie vor selbst und ohne unerlaubte Hilfsmittel verfasst und dies auch in Zukunft tun wird», ergänzt er.
Für Schläpfer hat das Verfassen von Seminararbeiten trotz KI eine Zukunft. Er sagt, dass mit dem Verfassen von schriftlichen Arbeiten essenzielle Fertig- und Fähigkeiten erworben würden.
Die Universität Basel hat eine klare Haltung. «Das frühere Setting mit der freien Verfügbarkeit von KI-Textgeneratoren hat sich als ungeeignet erwiesen, um einigermassen verlässlich die Eigenleistung der Studierenden beurteilen zu können», so Matthias Geering von der Kommunikationsabteilung.
Er fügt an: «Bei den BA-Prüfungen der Philosophisch-Historischen Fakultät ist die Nutzung von ChatGPT während der Prüfung verboten. Diese Regelung ist aber keineswegs gleichzusetzen mit einem totalen Verbot der Nutzung von ChatGPT im Studium.»
Die Universität Basel würde derzeit die Prüfungssituationen anpassen. «Hilfsmittel aus dem Bereich der künstlichen Intelligenz sollen sinnvoll eingebaut werden», so Geering. Doch er sagt klar: «Die mündliche Prüfung wird an Bedeutung zulegen.»
Die Universität Bern zeigt sich pragmatisch. Nathalie Matter von der Kommunikationsabteilung sagt: «Grundsätzlich ist die Universität Bern überzeugt, dass Tools wie ChatGPT Eingang in die Lehre finden müssen, da sich diese Tools weder rückgängig machen noch rein technisch kontrollieren lassen.»
Zudem hält sie fest: «Was schriftliche Leistungskontrollen anbelangt, stellt die künstliche Intelligenz die Lehrenden vor neue Herausforderungen, und längerfristig wird das Vorhandensein der KI eine Veränderung in der Form traditioneller Leistungskontrollen mit sich bringen.»
Doch bei den Leistungskontrollen ist die Universität Bern vor eine Herausforderung gestellt: «In welcher Form Leistungskontrollen wie Seminararbeiten oder Online-Prüfungen künftig eingesetzt werden, wird gegenwärtig noch abgeklärt. Bezüglich Nutzung von KI für Leistungsnachweise ist aus einer Fakultät ein Fall bekannt, bei dem ChatGPT unerlaubterweise bei einer Leistungskontrolle zum Einsatz kam, wobei die betreffende Person einen Verweis wegen Plagiats erhielt.»
Die Universität Zürich äussert sich derzeit nur zögerlich: «Die Fakultäten, Institute und Seminare der Universität Zürich wägen derzeit die Chancen und Risiken des Einsatzes generativer KI im Lichte der jeweiligen spezifischen fachlichen Gegebenheiten ab. Sie prüfen, unter welchen Voraussetzungen und in welchen Bereichen der Einsatz dieser Technologien in Lehre und Forschung sinnvoll ist. Die Universität fördert zusätzlich den fachübergreifenden Austausch u. a. mit Panels, Workshops und Gremiendiskussionen.»
Die ZHAW zeigt sich progressiv: «Der Einsatz von generativen KI-Systemen gehört zur neuen Berufs- und Studienrealität und wird von der ZHAW didaktisch gefördert. Die Frage nach dem zulässigen Einsatz von ChatGPT bei Leistungsnachweisen wird fachspezifisch und je nach Leistungsnachweis individuell festgelegt.»
Auch sie hält weiterhin an den Seminararbeiten fest: «Seminar- und Hausarbeiten auf den Zweck des Prüfens zu reduzieren, greift zu kurz. Arbeiten dienen nicht nur dazu, Kompetenzen zu überprüfen, sondern sind auch ein wichtiges Denk-, Lern- und Kommunikationsinstrument. Durch das Schreiben von Arbeiten lernen die Studierenden, ihre Gedanken zu strukturieren und gemäss einer fachspezifisch anerkannten Sprache zu argumentieren. Dies zu lernen, ist für eine Karriere in der Wissenschaft und in der Wirtschaft gleichermassen wichtig. Mit der Mensch-Maschinen-Interaktion wird das Schreiben von wissenschaftlich fundierten Arbeiten sowohl vielfältiger als auch anspruchsvoller.»
Genau. Der Samichlaus und der Osterhase auch.
Ich bin davon überzeugt, die Unis begreiffen nicht wirklich, wie schnell die Entwicklung hier vorwärts geht.
Noch vor 2 Jahren waren solche Programme nirgends und schlecht. Und jetzt reichts schon für Uniprüfungen.
In weiteren 2 Jahren würde ein 5. Klässler eine Masterarbeit schreiben können, wenn die Unis nichts ändern an ihrem Prüfungsregime. Es kommt also mit Ansage.